Bei „Fladen“ denken die meisten Menschen vermutlich zuerst an orientalische Fladenbrote. Westlich des Rheins – vor allem im Grenzgebiet zu Belgien – ist der „Fladen“ (bzw. „Flaam“ wie er regional genannt wird, eine Abwandlung des flämischen „Vlaai“) eine Köstlichkeit, in der viel frisches Obst Verwendung findet. Wenn in den rheinischen Gärten Kirschen, Äpfel und Pflaumen reifen, ist es Zeit zum Fladenbacken. Wer es gerne sauer mag, bereitet Stachelbeer- oder Rhabarberfladen zu, der dann mit einem üppigen Klatsch Sahne genießbar gemacht wird.
Die schönsten Obstfladen zum Nachmachen
Die einfachste Variante ist der Pflaumenfladen, der westlich des Rheins als „Prummeflaam“ oder „Prummetaat“ auf den Tisch kommt. Dazu wird ein einfacher Hefeteig zubereitet, der nach der Ruhezeit auf einem rechteckigen Backblech verteilt wird. Die halbierten Pflaumen werden dicht an dicht auf den Teich gesetzt und leicht in ihn hineingedrückt. Anschließend wird der Pflaumenfladen bei 200 Grad eine halbe Stunde gebacken. Ängstliche bestreuen ihn anschließend noch mit Zucker, ansonsten kommt er in handlichen rechteckigen Stücken am besten warm so wie er ist auf den Tisch – gesüßt wird mit einem dicken Klatsch Sahne.
Bei anderen Obstfladen wird gewöhnlich mit einer Füllung gearbeitet. Dazu wird die gewünschte Obstsorte – Kirschen, Aprikosen, Apfel, Rhabarber oder Stachelbeeren zu einem weichen Kompott verquirlt. Eine runde Backform mit hohem Rand (oder idealerweise eine Tarte-Backform) wird mit Hefeteig ausgelegt. Ein Drittel des Teiges muss jedoch zurückbehalten werden. In den Teig wird dann die Obstmasse gefüllt. Nun wird es kompliziert, denn nun kommt das fladentypische Teiggitter obendrauf. „Von Hand“ lässt sich dies nicht bewerkstelligen, so dass schon eine vorfertigte Gitterstanze benutzt werden sollte, die es im Internet jedoch leicht zu bestellen wird.
Das ausgestanzte Teiggitter wird mit etwas Eigelb eingestrichen und dann auf die Obstmasse gelegt. Zum Schluss noch Hagelzucker darüber gestreut, dann wird der fertige Obstfladen eine halbe Stunde lang gebacken. Während das Teiggitter für den traditionellen Aprikosenfladen aus Ostbelgien und dem Aachener Raum absolute Pflicht ist, können andere Obstfladen auch einfach mit Streuseln bedeckt werden. Vor allem Kirschstreusel ist eine beliebte Variante.
Schwatze Flaam: Der Beerdigungskuchen
Wer sich gewundert hat, dass die im Rheinland überall wachsende Birne scheinbar keine Verwendung findet, sollte nun weiterlesen: Der Birnenfladen hat seinen großen Auftritt bei Beerdigungen im Aachener Raum und in Ostbelgien. Regional wird er auch „Schwatze Flaam“ (Schwarzer Fladen) genannt – und damit ist auch schon seine Anwesenheit auf Trauerfeiern erklärt. Natürlich muss niemand auf den Birnenfladen warten, bis einer stirbt, sondern kann ihn jederzeit selbst backen.
Wichtig ist nur, dass getrocknete Birnen verwendet werden und keine frischen Birnen, ansonsten wird der Fladen nicht schwarz. Im Übrigen müssen es auch nicht (nur) Birnen sein, es kommen auch getrockene Äpfel und vor allem auch Pflaumen zum Einsatz. Da getrocknetes Obst heute gar nicht mehr so leicht zu bekommen ist, muss es vermutlich zunächst selbst getrocknet werden. Wenn es ans Backen geht, wird das getrocknete Obst weich gekocht und püriert. Dann wird etwas Anis, eine gemahlene Nelke, Zucker und Speisestärke in die Masse eingerührt. Das Ganze wird dann auf Hefeteig in einer runden Tarte-Form ca. 20 Minuten gebacken.
Die Krönung des Genusses: Der Reisfladen
Wenn Exil-Aachener von Freunden und Verwandten besucht werden, haben diese gewöhnlich den Auftrag Reisfladen mitzubringen. Dieser hat zwar nichts mit saisonalem Obst zu tun, darf hier aber auf keinen Fall fehlen. Der Reisfladen kommt ebenfalls aus Ostbelgien und der südlichsten niederländischen Provinz Limburg, wo er als Rijstvlaai bekannt ist. Wer es vornehmer mag, sagt wie die Belgier aus Verviers „Tarte du riz“.
Zur Herstellung wird zunächst ein Reisbrei aus Reis, Milch und Zucker gekocht, der über Nacht stehen gelassen wird. Am nächsten Tag wird der Reisbrei mit Zucker, Mehl und Eidotter verrührt. Anschließend wird das zu Schnee geschlagene Eiweiß untergehoben und die Masse auf Hefeteig in einer runden Backform gegeben. Das Ganze kommt dann etwa 45 Minuten in den Backofen. Oben bildet der Reisfladen eine Haut, die das breiige Gebilde in Schach hält, aber beim Reinbeißen quillt es gerne auf beiden Seiten hinaus.
Kleine Kuriositäten am Rande: Wenn die Tour de France durchs östliche Belgien führt, werden die Fahrer angeblich immer mit den nahrhaften Reisfladen abgefüttert. Womöglich kommen sie damit besser durch die Ardennen als mit Doping. Auf deutscher Seite endet das Reisfladen-Gebiet bereits kurz hinter Aachen. Schon in Köln ernten die meisten nur noch verdutzte Blicke, wenn sie sich in der Bäckerei nach Reisfladen erkunden.